Der FC Bayern München wollte an diesem Abend eigentlich nur feiern. Ein 3:1-Sieg gegen den englischen Spitzenklub FC Chelsea, ein Auftakt nach Maß in die Champions League, ein Signal an Europa: Die Bayern sind bereit für den großen Coup. Doch kaum war der Schlusspfiff in der Allianz Arena verklungen, überschattete ein unerwarteter Eklat die Euphorie. Jonathan Tah, der erst im Sommer für rund 30 Millionen Euro von Bayer Leverkusen nach München gewechselt war, sorgte für einen Paukenschlag – und stellte sich öffentlich gegen Ehrenpräsident Uli Hoeneß.
Es war 22:16 Uhr, die Mixed Zone noch voller Energie vom Spiel. Journalisten warteten auf Statements, die Fans auf Schlagzeilen über Tore und Taktik. Doch was Tah in die Mikrofone sprach, hatte nichts mit dem sportlichen Erfolg zu tun. Mit einer ungewohnten Schärfe kritisierte der Innenverteidiger die ständige Einmischung von Hoeneß. „Es kann nicht sein, dass wir hier Woche für Woche alles geben und dann von außen ständig Unruhe hereingetragen wird“, polterte Tah. „Der Verein muss nach vorne schauen – und nicht in alten Machtkämpfen steckenbleiben.“
Eine Aussage, die wie ein Donnerschlag durch die Arena hallte. Denn wenn ein Spieler, der gerade erst zu Bayern gestoßen ist, so klar gegen die wohl prägendste Figur der Klubgeschichte Stellung bezieht, zeigt das, wie tief die Spannungen wirklich reichen. Hinter den Kulissen ist schon länger bekannt, dass es Reibereien gibt. Hoeneß, längst im Ruhestand, mischt sich regelmäßig in Interviews ein, kritisiert sportliche Entscheidungen und gibt deutliche Ansagen, die nicht immer mit der Vereinsführung harmonieren. Viele Spieler und auch Teile des Trainerteams empfinden das als Belastung.
Tah, der mit seiner robusten Art ohnehin nie ein Mann der leisen Töne war, sprach nun aus, was andere nur hinter vorgehaltener Hand sagen. Damit bringt er sich selbst in eine heikle Lage – und zwingt den FC Bayern in eine Krise, die die sportlichen Erfolge in den Hintergrund drängt.
Die Vereinsführung dürfte gespalten reagieren. Einerseits zeigt Tahs Klartext, dass die Spieler nicht bereit sind, sich dem ständigen Machtgerangel zu beugen. Andererseits stellt ein öffentlicher Angriff auf Hoeneß immer auch eine Gefahr dar. Denn der Ehrenpräsident hat im Klub nach wie vor immensen Einfluss – bei den Fans, in den Gremien, und nicht zuletzt bei den Sponsoren.
Die Schlagzeilen des Abends drehen sich daher weniger um die Tore als vielmehr um die Worte. Ein souveräner Sieg über Chelsea, der das Fundament für eine erfolgreiche Champions-League-Saison hätte sein können, gerät plötzlich zur Nebensache. Statt Jubel herrscht Alarmstimmung: Wie geht der Verein mit diesem Machtkampf um?
Klar ist: Jonathan Tah hat eine Diskussion losgetreten, die längst überfällig war. Seine Worte spiegeln ein Spannungsfeld wider, das den FC Bayern seit Jahren begleitet: zwischen Tradition und Moderne, zwischen alten Strukturen und neuer Ausrichtung. Ob er damit zum Sprachrohr einer Generation von Spielern wird – oder sich selbst ins Abseits stellt – wird die nächste Zeit zeigen
