Es ist ein trüber Februarabend, und über dem Trainingsgelände an der Säbener Straße liegt eine eigentümliche Stille. Der Wind kräuselt die Netze, irgendwo klappert ein Torpfosten. Leon Goretzka steht allein auf dem Platz, eingehüllt in seinen Trainingsanzug, die Handschuhe feucht vom kalten Nieselregen. Seit Minuten, vielleicht Stunden, schießt er einen Ball nach dem anderen ins verlassene Tor, als könnte jeder Treffer eine Antwort liefern, die ihm niemand mehr geben will.
Doch Antworten kommen nicht. Stattdessen leuchtet plötzlich sein Handy auf. Eine italienische Nummer. Einen Moment lang zögert er, dann wischt er über das Display. „Ciao Leon, hier ist Napoli…“ Die Stimme klingt höflich, professionell – und vollkommen fehl am Platz.
Goretzka hört nur den ersten Satz, verabschiedet sich knapp und legt auf. Ein bitteres, müdes Lächeln huscht über sein Gesicht. Nicht, weil er die Idee schlecht findet, sondern weil der Anruf bestätigt, was er längst gespürt hat: Die Zeit in München neigt sich dem Ende zu.
Er wendet den Blick nach rechts. Dort, hinter den Trainingsplätzen, ragt die Allianz Arena wie ein stiller Riese in die Dämmerung. Früher war sie für ihn ein leuchtendes Versprechen, ein Ort, an dem er Titel gewann, Verletzungen überstand, Rückschläge verkraftete und wieder aufstand. Heute wirkt sie fern, fast fremd – als würde sie langsam im Dunkel versinken und ihn mitnehmen.
In seinem Kopf drehen sich die Gedanken schneller als der Ball über den Rasen. Kein Wunder mehr, das ihn retten könnte. Keine plötzliche Kehrtwende, die den Klub umstimmen würde. Kein neuer Vertrag, kein Kapitel, das sich doch noch umschreiben lässt. Nur das Unvermeidliche, das sich nun wie ein Schatten über seine Karriere legt.
Er hebt den letzten Ball auf, legt ihn sorgfältig auf den Punkt und schießt – diesmal ohne Kraft, ohne Ziel, einfach nur, um loszulassen. Der Ball rollt langsam ins Netz, fast geräuschlos.
Goretzka atmet tief durch, nimmt seine Tasche und verlässt den Platz, ohne zurückzusehen.
Denn in diesem Moment weiß er: Es ist vorbei. Kein Drama, kein Donner, kein Applaus. Nur noch ein Abschied, der schon längst begonnen hat – leise, unspektakulär, aber endgültig.
