Borussia Mönchengladbach in Schockkrise – Lothar Matthäus rechnet gnadenlos ab
Borussia Mönchengladbach steht am Scheideweg. Was einst als „Fohlenelf“ voller Kreativität, Mut und Identität galt, wirkt im Herbst 2025 wie ein Schatten seiner selbst. Nach der enttäuschenden Leistung gegen Eintracht Frankfurt hat sich nun auch Rekordnationalspieler und TV-Experte Lothar Matthäus zu Wort gemeldet – und seine Analyse ist vernichtend. In seiner Kolumne bei Sky Sport Deutschland fand er deutliche Worte: Von fehlendem Selbstvertrauen, über fragwürdige Transferpolitik bis hin zu der drängenden Trainerfrage – nichts blieb verschont.
Seine Kritik ist nicht nur ein lautes Echo auf die Unzufriedenheit der Fans, sondern auch ein klarer Fingerzeig auf die Schwächen in der sportlichen Führung. Matthäus stellte heraus, dass Borussia in den ersten 50 Minuten gegen Frankfurt „nicht bundesligareif“ auftrat. Eine Aussage, die tief sitzt und gleichzeitig offenlegt, wie groß die Probleme sind.
—
Ein Team ohne Selbstvertrauen
Die 0:2-Niederlage gegen die Eintracht war sinnbildlich für das, was Borussia aktuell durchlebt: Unsicherheit, fehlende Automatismen und eine große Portion Selbstzweifel. Matthäus stellte klar, dass man diese Verunsicherung auf dem Platz deutlich erkennen konnte. Erst in der letzten halben Stunde sei eine Reaktion zu sehen gewesen – doch da war es bereits zu spät.
Dass Spieler nach Rückschlägen nicht mehr die Kraft finden, das Spiel herumzureißen, spricht Bände. In den vergangenen Jahren zählte Gladbach zu den Teams, die vor allem durch Mentalität und starke Einzelspieler in engen Momenten glänzten. Doch heute fehlt es an Persönlichkeiten, die das Team tragen können.
—
Die offene Trainerfrage
Ein zentraler Punkt in Matthäus’ Kritik betrifft Trainer Gerardo Seoane. Seit eineinhalb Jahren schwebt ein Fragezeichen über seiner Arbeit. Immer wieder flammt die Diskussion auf: Ist er der Richtige, um Borussia aus dieser Misere zu führen?
Für Matthäus ist klar: Solange es kein klares Bekenntnis zu Seoane gibt, bleibt die Mannschaft in einem Schwebezustand. Die Spieler spüren diese Unsicherheit, was die ohnehin fragile Stimmung zusätzlich belastet. Borussia muss jetzt Antworten liefern. Entweder man stärkt Seoane endgültig den Rücken – oder man zieht die Reißleine und setzt auf einen Neuanfang. Alles andere würde nur das Chaos vergrößern.
—
Roland Virkus unter massivem Druck
Neben Seoane nimmt Matthäus auch Sportdirektor Roland Virkus in die Pflicht. Er sei mit Herzblut bei Gladbach, das sei unbestritten, aber er trage die sportliche Verantwortung für die aktuelle Misere. Der Kader sei unausgeglichen, wichtige Führungsspieler seien verloren gegangen, ohne adäquaten Ersatz zu verpflichten.
Die Transferpolitik der letzten Jahre hat Spuren hinterlassen. Während andere Klubs auch in Krisenzeiten Wege fanden, ihre Mannschaft zu verstärken, stand Gladbach mit leeren Händen da. Corona-bedingte Einnahmeverluste und ablösefreie Abgänge von Leistungsträgern haben die Fohlen schwer getroffen. Spieler wie Marcus Thuram oder Florian Neuhaus (lange verletzt) konnten nicht ersetzt werden – und die Neuzugänge schlugen bislang nicht wie erhofft ein.
Führungsspieler? Fehlanzeige!
Ein weiterer Kritikpunkt: die fehlenden Leader auf dem Platz. Mit der Verletzung von Tim Kleindienst fehlt der erhoffte Fixpunkt in der Offensive. Nico Elvedi, seit acht Jahren im Verein, konnte bislang nicht die Rolle des Abwehrchefs ausfüllen. Junge Talente wie Rocco Reitz, der als Vizekapitän Verantwortung übernehmen sollte, bleiben ebenfalls hinter den Erwartungen zurück.
Ein Team ohne Anführer ist in der Bundesliga ein gefundenes Fressen. Borussia hat sich in den letzten Jahren zu sehr darauf verlassen, dass Talente über sich hinauswachsen. Doch wenn diese – wie zuletzt – schwächeln, fehlt die nötige Stabilität.
—
Torwartdiskussion als Symbol der Unsicherheit
Selbst auf einer Position, die eigentlich kein Problem darstellt, herrscht Unruhe: die Torwartfrage. Kurz vor Saisonbeginn entschied der Klub, gleich zwei Nummer Einsen zu haben. Anstatt Sicherheit zu schaffen, sorgt diese Entscheidung für Verwirrung – intern wie extern. Für Matthäus ist das ein weiteres Beispiel, wie kleine Entscheidungen in Summe die große Krise befeuern.
—
Ein Verein ohne klare Linie
Das größte Problem für Borussia Mönchengladbach ist jedoch das Fehlen einer klaren Linie. Wer ist der sportliche Boss? Welches System soll gespielt werden? Welche Spieler tragen die Zukunft des Vereins? Auf all diese Fragen gibt es derzeit keine überzeugenden Antworten.
Matthäus machte deutlich, dass ein Verein wie Borussia nicht nur von Tradition und Fanliebe leben kann. Es braucht einen Plan, Mut und klare Entscheidungen. Sonst droht der Klub endgültig in den Abstiegskampf zu rutschen – ein Szenario, das vor wenigen Jahren noch undenkbar schien.
—
Hoffnungsschimmer gegen Frankfurt
Trotz aller Kritik erwähnte Matthäus auch einen kleinen positiven Aspekt: Die Mannschaft ist in der letzten halben Stunde gegen Frankfurt nicht auseinandergefallen. Diese Reaktion gibt zumindest Hoffnung, dass Kampfgeist und Moral noch nicht völlig verloren gegangen sind. Doch Hoffnung allein reicht nicht, um sich aus der Krise zu befreien.
—
Was jetzt passieren muss
1. Klare Entscheidung in der Trainerfrage: Der Verein muss schnellstmöglich sagen, ob man mit Seoane weitermacht oder nicht. Halbherzigkeit kostet Punkte.
2. Transferpolitik überdenken: Borussia braucht wieder ein klares Profil. Junge Talente allein reichen nicht. Führungsspieler müssen verpflichtet oder entwickelt werden.
3. Virkus muss liefern: Als Sportdirektor ist er in der Pflicht, den Kader so zu strukturieren, dass er konkurrenzfähig ist. Ein „Weiter so“ darf es nicht geben.
4. Fans einbinden: Die Gladbach-Fans sind leidenschaftlich und treu, aber auch kritisch. Transparenz und ehrliche Kommunikation sind jetzt entscheidend, um die Unterstützung nicht zu verlieren.
5. Kurzfristig Punkte sammeln: Mit dem nächsten Spiel gegen Freiburg muss unbedingt ein Signal gesetzt werden. Jeder Punkt zählt, um den Abwärtstrend zu stoppen.
—
Ein Verein am Wendepunkt
Borussia Mönchengladbach steckt mitten in einer Identitätskrise. Die „Fohlen“, einst für mutigen Offensivfußball berühmt, wirken orientierungslos und zerrissen. Lothar Matthäus hat mit seiner Analyse den Finger tief in die Wunde gelegt. Ob man seine Worte als überzogen oder als überfällig empfindet, ist zweitrangig. Fakt ist: Die Probleme sind real, gravierend und nicht länger zu ignorieren.
Der Klub muss jetzt beweisen, dass er aus Fehlern lernen kann. Mit klaren Entscheidungen, mutigen Schritten und einer Rückbesinnung auf die eigenen Stärken könnte Gladbach den Weg aus der Krise finden. Scheitert das jedoch, droht nicht weniger als der freie Fall in sportliche Bedeutungslosigkeit.
—
Fazit
Die Worte von Lothar Matthäus mögen hart sein, doch sie sind Ausdruck einer Realität, die Borussia Mönchengladbach nicht länger verdrängen darf. Fehlende Führungsspieler, ein verunsicherter Kader, ein ungelöster Trainerkonflikt und Fehler in der Transferpolitik – all das hat den Traditionsklub in eine Schockkrise gestürzt.
Die nächsten Wochen entscheiden darüber, ob Gladbach die Kurve bekommt oder ob die „Fohlenelf“ im Abstiegskampf versinkt. Für Fans, Verantwortliche und Spieler gilt jetzt nur eine Devise: Schonungslose Analyse, klare Entscheidungen und absolute Geschlossenheit. Denn nur so kann Borussia Mönchengladbach die Wende schaffen.
